Herbst
Goldne Sonne, letzte Wärme,
Klageschrei der Kranichschwärme,
Blätter noch, bevor sie sterben,
sich in allen Tönen färben.
Und der Wind streicht durch die Silberpappeln
wie durch lange schon geliebtes, silbergraues Haar.
Und ich sehne mich nach dem, was war.
Herbstes Sehnsucht ist ganz leise,
anders als der Frühlingssehnsucht Weise,
die so einsgerichtet und uneingeschränkt
vorwärts drängt,
sich voll Ungeduld will gleich erfüllen -
Herbstes Sehnen ist nur schwer zu stillen.
Und der Wind zaust in den Silberpappeln
wie in lange schon geliebtem, silbergrauem Haar.
Und ich ahne, nein, ich weiß schon: Winter ist bald da.
Herbst weiß um das balde Ende,
wehrend füllt er noch die Hände
mit der reichen Ernte Pracht,
sorgend, liebend ist´s gedacht.
Dass sein Sehnen, seine Wehmut,
die um Leben wie um Sterben weiß,
reich und doch auch voller Demut
diese letzte Fülle preis.
Und der Wind streichelt die Silberpappeln
wie schon lang geliebtes, silbergraues Haar
und mein Herz füllt sich mit Freude, denn du bist noch nah.
Rosemarie Schrick